Bürgerforum Energiewende Hessen im RP Giessen

Das Bürgerforum in Mittelhessen
(Regierungspräsidium Gießen)

Erneuerbare Energien in Mittelhessen - das Bürgerforum unterstützt Kommunen in den Landkreisen Limburg-Weilburg, Lahn-Dill, Gießen, Marburg-Biedenkopf und den Vogelsbergkreis im frühzeitigen Dialog beim Ausbau von Wind-, Wasser- und Solarenergie.

Bürgerforum Energiewende Hessen in Lich

18.07.2023: Großes Interesse an Informationsveranstaltung zur Windenergie auf dem Höhlerberg in Lich

Rund 150 interessierte Bürgerinnen und Bürger sowie Vertreterinnen und Vertreter der Politik folgten der gemeinsamen Einladung der Stadt Lich und des Bürgerforums Energiewende Hessen zur Informationsveranstaltung „Windenergie auf dem Höhlerberg“ in das Bürgerhaus Lich. Dort stellten die Projektierer ihre Planung für die Windenergieanlagen vor und standen für Fragen zur Verfügung.

Zustimmung in Lich für die Windenergie

Bürgermeister Dr. Julien Neubert begrüßte die rund 150 interessierten Bürgerinnen und Bürger sowie politischen Mandatsträgerinnen und -träger aus den Kommunen Lich, Fernwald und Pohlheim zur ersten Veranstaltung im neu sanierten Bürgerhaus in Lich. Er gibt einen kurzen Überblick über die Historie der Entstehung des Windvorranggebiets Höhlerberg (VRG 4117), das zwischen den drei oben genannten Kommunen liegt. Auf dem Höhlerberg finden derzeit Planungen für zwei Anlagen vom Typ Nordex N 163 durch die Windenergie-Projektentwickler Qair Deutschland GmbH und Koehler Renewable Energy GmbH statt. Eines der Windräder soll auf Flächen der Stadt Lich errichtet werden, das andere auf Flächen der Gemeinde Fernwald (Gemarkung Steinbach). Bereits im Juni 2020 wurde die Öffentlichkeit im Rahmen des Landesprogramms „Bürgerforum Energiewende Hessen“ in einem an die Pandemie angepassten Format, den Bürgergesprächen, über das Thema Windenergie und Klimaschutz in Lich und das Vorhaben auf dem Höhlerberg informiert. Schon früh zeigte sich, dass das Windenergie-Vorhaben vor Ort mehrheitlich begrüßt wird, kritische Stimmen dagegen gab und gibt es vergleichsweise wenig. Nach einer längeren Planungsphase genehmigte das Regierungspräsidium Gießen im März 2023 die Errichtung der beiden Windenergieanlagen im Windpark Höhlerberg.

Der Erste Beigeordnete der Gemeinde Fernwald, Gerhard Pitz, stellte in seiner Begrüßung fest, dass sich die anfängliche Ablehnung der Windenergie in Fernwald inzwischen auch in Zustimmung gewandelt hat: „Aus Gegenwind wurde Rückenwind“ so Pitz. Inzwischen plant die Kommune zusammen mit Buseck und Gießen einen gemeinsamen Windpark mit fünf Anlagen in einem anderen Vorranggebiet (4114a).

 

Abwägung  Windenergie – Gesellschaft – Naturschutz wichtig

„Die Nutzung der Windenergie ist ein gesellschaftlicher Abwägungsprozess“, betonte Christopher Lüning von der LandesEnergieAgentur Hessen (LEA). Die Kosten (z. B. Landschaftsbild, Eingriff in Natur & Wald, Schall & Schatten) und der Nutzen (z. B. Wertschöpfung vor Ort, Einsparung fossiler Brennstoffe) sollten, auch im Vergleich zum Einsatz fossiler Energien, ehrlich vor Ort diskutiert werden. Um das Ziel einer Klimaneutralität in Hessen bis 2045 zu erreichen, ist die Strom- und Wärmeversorgung vorrangig durch Wind und Photovoltaik vorgesehen. Hierzu hat das Land bislang 2 % der Landesfläche als Wind-Vorranggebiet ausgewiesen, mit dem Ziel, diese auf 2,2 % auszuweiten. Die LEA unterstützt mit den Dialog- und Informationsangeboten des Bürgerforums die Kreise und Kommunen bei der Umsetzung der Energiewende vor Ort.

Dass die Windenergie ein Beitrag für den Klimaschutz und zum Naturschutz ist, zeigte Dr. Werner Neumann, Sprecher des Bundesarbeitskreises Energie im wissenschaftlichen Beirat des BUND und Vorstandsmitglied beim BUND Landesverband Hessen, in seinem Vortrag. Die Windenergie bietet unter den Erneuerbaren Energien die preisgünstigste Stromerzeugung mit dem geringsten Flächenbedarf. Mit einer sorgfältigen Standortsuche sind die Ziele des Naturschutzes erreichbar. Beim Hessischen Energiegipfel 2011 wurde den Waldgebieten eine entscheidende Rolle für die Nutzung der Windkraft zugesprochen, da Waldgebiete aufgrund ihrer Höhenlage oft sehr windhöffig sind und ohne VRG im Wald das 2 %-Ziel nicht erreicht werden kann. Zusätzlich ist dort in den meisten Fällen der erforderliche Abstand zur Wohnbebauung gegeben. Der BUND spricht sich hier für Windenergie im Wald auf maximal 0,1 % der Waldfläche aus. Die realen Einwirkungen  sind sehr gering und können mit guter Planung und Abschaltungen minimiert werden. Neumann betonte, dass die Windenergie vielfältige wirtschaftliche Vorteile durch eine Beteiligung für die Kommune und Bürgerschaft bietet und das Erreichen der kommunalen Klimaschutzziele unterstützt.

 

Projektentwickler betreiben Anlagen selbst

Die für die Projektierung des Windparks verantwortlichen Unternehmen wurden von Anna Fritsch, Projektleiterin von Qair, und Nicolas Christoph, Bereichsleiter Windkraft bei Koehler Renewable Energy, vorgestellt. Die Projektleiterin betonte, dass Qair den Windpark über den gesamten Lebenszyklus – also von der Standortanalyse über die Projektentwicklung und den Bau, während der Betriebsphase bis hin zum Rückbau oder Repowering betreut. Somit hat die Kommune mit Qair immer einen verantwortlichen Ansprechpartner. Nicolas Christoph erläuterte, dass sich die Koehler-Gruppe als energieintensiver Papierproduzent zum Ziel gesetzt hat, bis zum Jahr 2030 mehr Energie aus erneuerbaren Quellen mit eigenen Anlagen zu erzeugen, als für die eigene Papierproduktion benötigt wird. Hierfür gründete die Gruppe 2012 mit Koehler Renewable Energy ein eigenes Unternehmen, das Erneuerbare Energien-Projekte umsetzt.

 

Aktuelle Planung für den Windpark Höhlerberg

Anna Fritsch stellte die Planungen vor. Bereits genehmigt sind zum jetzigen Zeitpunkt zwei Anlagen vom Typ Nordex N 163 mit einer Nennleistung von 5,7 MW pro Anlage und einer Gesamthöhe von 246 m.

Durch ein Konzept der waldschonenden Bauweise konnte die Rodungsfläche je Windenergieanlage (WEA) um durchschnittlich 15 % gesenkt werden. Für die beiden Anlagen müssen 7.675 qm Wald dauerhaft gerodet werden. Davon werden 605 qm nach dem Bau der WEA wieder aufgeforstet. Mit den Rodungen auf dem Höhlerberg soll im Herbst 2023 begonnen werden. Die Bauarbeiten sollen im Herbst 2025 abgeschlossen sein. Als Ausgleich für den gerodeten Wald wird in der Gemarkung Steinbach eine Aufforstung mit Buchen erfolgen. Weiterhin werden Waldflächen aus der Nutzung genommen und aufgewertet. Zum Schutz der Fledermäuse sind die WEA mit einer Abschaltanlage versehen.

Beim Schall werden die Grenzwerte, auch im Bereich der Klinik, eingehalten. Beim Schattenwurf kann es rein rechnerisch eine Überschreitung geben. Sollte dieser Fall eintreten, wird die Anlage abgeschaltet.

 

Stromertrag und Beteiligung vor Ort

Beide Anlagen werden einen Stromertrag von circa 28.000 Megawattstunden (MWh) pro Jahr liefern. Dies entspricht dem jährlichen Strombedarf von rund 7.000 Haushalten. Nach dem EEG (Erneuerbare-Energien-Gesetz) erhalten die Gemeinden im Radius von 2,5 km um eine WEA 0,2 Cent pro produzierte Kilowattstunde (kWh). Die finanzielle Beteiligung der Kommunen beläuft sich demnach auf 56.000 € pro Jahr, wobei die Verteilung entsprechend der Flächen erfolgt: Lich erhält 41 %, Fernwald 33 % und Pohlheim 26% des Betrags.

 

Erweiterung des Windenergieparks Höhlerberg geplant

Auf dem Windvorranggebiet können voraussichtlich sechs Anlagen errichtet werden. Daher wird derzeit für vier weitere Anlagen (gleiche Gesamthöhe, aber höhere Nennleistung) die Antragsstellung geprüft. Für diese WEA bieten die Projektierer zusätzlich zur Gemeindebeteiligung nach EEG eine echte Bürgerbeteiligung, z. B. über eine Bürgerenergiegenossenschaft, an.

 

Expertinnen und Experten beantworten Fragen aus dem Publikum

In der anschließenden Diskussion beantworteten Anna Fritsch (Qair GmbH), Dr. Julien Neubert (Bürgermeister Stadt Lich), Gerhard Pitz (Erster Beigeordneter Gemeinde Fernwald), Dr. Werner Neumann (BUND e.V.) und Dr. Ingo Ewald (Ingenieurbüro für Erneuerbare Energien, im Auftrag von Qair) Fragen zum Projekt, aber auch zur Energiewende und zum Naturschutz.

Fragen und Antworten zur Windenergie auf dem Höhlerberg können hier eingesehen werden: Fragen und Antworten zur Windenergie auf dem Höhlerberg

Die Gesamtpräsentation mit den Vorträgen der Referentinnen und Referenten steht hier zur Verfügung Präsentation (pdf 6 MB)

 

Weitere Informationen

Stadt Lich: www.lich.de 

Projektwebseite: www.windpark-hoehlerberg.de 

30.06.2020: Bürgergespräche zu Windenergie und Klimaschutz in Lich ermöglichen intensiven persönlichen Austausch mit dem Bürgermeister und dem Projektentwickler

In Kleingruppen von bis zu fünf Personen fanden im Rathaus am 30. Juni 2020 im persönlichen Rahmen zahlreiche Bürgergespräche zu den Themen Klimaschutz und Windenergie in Lich mit Bürgermeister Dr. Julien Neubert sowie dem Windenergie-Projektentwickler, der Green City AG statt.

Am Dienstag, den 30. Juni informierten die Stadt Lich und die LandesEnergieAgentur Hessen im Rahmen des Programms Bürgerforum Energieland Hessen über Windenergie und Klimaschutz in Lich. Der Einladung folgten 32 Bürgerinnen und Bürger sowie 12 Mandatsträgerinnen und -mandatsträger aus Magistrat und Ältestenrat, verteilt auf zwölf einstündige Bürgergespräche. Das Format der Kleingruppen ermöglichte über den Tag hinweg einen persönlichen und intensiven Austausch bei gleichzeitiger Wahrung der erforderlichen Hygienestandards im Angesicht der COVID-19-Pandemie.

Großes Interesse galt dem Windenergie-Vorhaben am Höhlerberg. Am stärksten nachgefragt waren die Themen „Waldbeanspruchung“, „Lärmimmissionen“, „Naturschutz“ sowie Fragen zum Genehmigungsverfahren. Wie steht die Stadt Lich zu den Windenergievorhaben? Wurden Auswirkungen auf Mensch und Natur berücksichtigt? Auch das Thema Infraschall wurde mehrfach angesprochen. Diesen Fragen der Bürgerinnen und Bürgern stellten sich die Stadt Lich und den Projektentwickler Green City.

Bürgermeister Dr. Julien Neubert sowie Marco Römer, der Fachbereichsleiter Bauservice, informierten zu den Eckpunkten des kürzlich verabschiedeten Klimaschutz-Kurzkonzepts der Stadt Lich. Die Stadt will ihren CO2-Ausstoß bis 2050 (ausgehend vom Basiswert von 1990) um 95% auf 2600 Tonnen pro Jahr reduzieren. Hierfür sollen u.a. Wärmenetze weiterentwickelt, die Stadtplanung klimafreundlicher und Maßnahmen im Bereich Umweltpädagogik umgesetzt werden. Und es wird eine Stelle für ein/e Klimaschutzmanager/in bei der Stadt eingerichtet. Hinsichtlich des Windenergie-Vorhabens am Höhlerberg hat die Stadt Lich ihren Standpunkt verdeutlicht, dass die dem Ausbau von Windenergie vor Ort grundsätzlich offen gegenübersteht. Gleichzeitig müssen aber die städtischen Interessen und die Interessen aller Bürgerinnen und Bürger gewahrt werden. Mit Verweis auf noch zu klärende Einwände kann die Stadt Lich den Planungen noch kein Einvernehmen ausstellen.

Herr Dr. Martin Demmeler und Frau Anna Fritsch von der Green City AG informierten die Bürgerinnen und Bürger in ihrer Funktion als Projektentwickler zum Windenergievorhabens am Höhlerberg. Sie erläuterten, dass trotz der beträchtlichen Größe der Anlagen von 164m Nabenhöhe keine nennenswerte Lärmbelastung auftreten wird. Beispielsweise würden die strengen Grenzwerte von 35 dB(A) für das Asklepios Klinik in der Nacht bei geschlossenen Fenstern eingehalten. Auch kann für die Zuwegung die bestehende Wasserleitungsstraße genutzt werden. Mit 2,5 ha muss deshalb vergleichsweise wenig Wald gerodet werden. Die Projektentwickler Green City AG planen die Errichtung von insgesamt zwei Windenergieanlagen innerhalb des Vorranggebiets 4117. Der Windpark soll zwischen Fernwald, Lich und Pohlheim errichtet werden. Eines der beiden Windräder vom Typ Nordex N163 soll auf Licher Gemarkung stehen. Weitere zwei bis drei Windräder sind angedacht, aber noch nicht in der konkreten Planung.

Zusätzlich zu den Bürgergesprächen bot die LandesEnergieAgentur Hessen viele Informationen zum Thema „Windenergie in Hessen“ an. In umfangreichen Faktenpapieren werden Studienergebnisse zu zentralen Themen wie Infraschall oder Umwelt- und Naturschutz vorgestellt.

 Christopher Lüning von der LEA resümiert: „Ich bin stolz darauf, dass wir zeigen konnten, dass Öffentlichkeitsbeteiligung und Bürgerdialog auch in widrigen Zeiten möglich sind und dass das Land Hessen mit größtmöglicher Unterstützung Kommunen befähigt, schwierige Themen verständlich und transparent darzustellen.“

Mehr zu den diskutierten Themen finden Sie auch in unseren Faktenpapieren: