Nutzen der interkommunalen Windparkplanung
Auch hierzulande werden die Auswirkungen des Klimawandels immer stärker spürbar, etwa durch Ernteausfälle wegen Hitze und Trockenheit oder Schäden an Gebäuden und anderen Infrastrukturen infolge von Extremwettern wie Stürmen und Starkregen. Der Umstieg von fossilen auf erneuerbare Energien im Zuge der Energiewende ist notwendig, um die Emissionslast des deutschen Energiesystems zu reduzieren und damit dem Klimawandel entgegenzuwirken. Mit der Entscheidung, den Ausbau der Windenergie auf ihren Flächen aktiv voranzutreiben, stellen sich die Kommunen Gießen, Fernwald und Buseck gemeinsam ihrer Verantwortung für den Klimaschutz.
Darüber hinaus bietet das Vorhaben den drei Kommunen und ihren Bürgerinnen und Bürgern aber auch einen wirtschaftlichen Nutzen. Und dieser Nutzen kann in dem Projekt bestmöglich ausgeschöpft werden. Die Kommunen definieren selbst, zu welchen Bedingungen ein Projektentwickler die gemeindeeigenen Flächen pachten darf, um darauf einen Windpark zu entwickeln. So können insbesondere eine gewünschte Mindesthöhe der Pacht sowie die Möglichkeiten der finanziellen Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger vor Ort festgeschrieben werden. Wichtig ist: Der „Kuchen“ kann nur einmal verteilt werden. Und natürlich muss das Projekt am Ende auch für einen Projektentwickler wirtschaftlich noch interessant genug sein. Hier gilt es also vielerlei Interessen sorgsam auszutarieren. Dazu haben sich die drei Kommunen fachliche Unterstützung an Bord geholt: Gemeinsam mit endura kommunal und dem Bürgerforum der LEA tragen die Verantwortlichen dafür Sorge, das lokale Potential für die Windenergie sowohl in Bezug auf ihren Beitrag zum Klimaschutz als auch auf den wirtschaftlichen Nutzen optimal ausschöpfen zu können. In diesem Zusammenhang bedeutet die enge Zusammenarbeit auch, dass die Kommunen – unabhängig von späteren Standorten innerhalb des Vorranggebiets – eine faire Verteilung der Wertschöpfung anstreben, die durch den Bau von Windrädern realisiert werden kann.
Vorgehen
Das Projekt befindet sich noch ganz am Anfang. In dieser frühen Phase wollen die Kommunen Gießen, Fernwald und Buseck zunächst einen gemeinsamen Kriterienkatalog erarbeiten. Dieser soll festlegen, zu welchen Bedingungen die Umsetzung eines Windenergie-Projekts auf den kommunalen Flächen möglich sein wird. Der Katalog wird den kommunalen Entscheidungsträgerinnen und -trägern später als Grundlage für die Bewertung von Projektanträgen dienen.
Zunächst soll eine Steuerungsgruppe – bestehend aus Mitgliedern aller drei Gemeindevertretungen bzw. Stadtverordnetenversammlungen – gegründet werden. Die Mitglieder dieser Gruppe entwickeln unter fachlicher Anleitung in einem Workshop den Kriterienkatalog sowie die Ausschreibungsunterlagen. Wenn darüber eine Einigung erzielt wurde, kann das offizielle Ausschreibungsverfahren beginnen.
Damit startet die Suche nach dem richtigen Projektpartner, der für die Planung, den Bau und den späteren Betrieb der Windkraftanlagen auf der gemeinsamen kommunalen Fläche zuständig sein soll. Obwohl ein offizielles Ausschreibungsverfahren bei kommunalen Immobiliengeschäften dieser Art vergaberechtlich nicht notwendig ist, ist es doch empfohlen, um die Grundsätze der Nicht-Diskriminierung, der Gleichbehandlung und des Wettbewerbs einzuhalten. Darüber hinaus zeigt ein Auswahlverfahren kommunale Handlungsmöglichkeiten auf: Häufig ist es erst der Vergleich zwischen verschiedenen Umsetzungsalternativen, der den Gemeindevertretungen ihren Gestaltungsspielraum konkret vor Augen führt und dadurch Orientierung gibt. Dies gilt sowohl für unterschiedliche Szenarien der Flächennutzung (z.B. Netzeinspeisepunkt oder Zuwegung), die technischen Details des jeweils diskutierten Anlagentyps (z.B. Höhe der Anlagen) als auch mögliche Maßnahmen der Bürgerbeteiligung und die Maximierung der kommunalen Einnahmen.
Bei der sachlichen Auswertung der eingegangenen Angebote wird die Steuerungsgruppe durch endura kommunal unterstützt. Dabei werden vielfältige Kriterien berücksichtigt, darunter unternehmensbezogene Aspekte (z.B. zurückliegende Erfahrungen im Bereich Windenergie, Personalbestand und Bankenratings), die technischen Details des Umsetzungsvorschlags und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Anbieters (im Sinne einer realistischen Einschätzung darüber, ob z.B. Pachten langfristig gezahlt werden können oder ein erhöhtes Ausfallrisiko besteht). Daneben stehen allgemeine ideelle Kriterien wie die regionale Verankerung des Unternehmens und seine Beziehungen zu lokalen Stakeholdern.
Die Ergebnisse der fachlichen Prüfung werden in der Steuerungsgruppe vorgestellt und diskutiert. Daraufhin wird aus allen eingegangenen Angeboten eine Vorauswahl der bevorzugten Projektpartner getroffen. Die bestplatzierten Vorschläge erhalten eine Einladung zum Bietergespräch. Sobald die Entscheidung für ein Projektentwicklungsunternehmen feststeht, kann ein Vertrag verhandelt und abgeschlossen werden.
Bevor dieser Prozess initiiert wurde, haben im März 2023 die drei Gremien in Gießen, Fernwald und Buseck darüber entschieden.