Die Stadt Amöneburg (Landkreis Marburg-Biedenkopf) bekennt sich zur Energiewende und treibt den Ausbau erneuerbarer Energien vor Ort mit zahlreichen Projekten voran. In den letzten Jahren erfolgten Planung und Bau von fünf Windenergieanlagen (WEA) auf Windvorranggebieten der Gemeinde. Zwei weitere Anlagen werden 2017 fertig gestellt. Nachdem bekannt wurde, dass die ansässigen Waldinteressenten vorhaben, auf den verbleibenden Vorrangflächen weitere Anlagen zu errichten, regte sich in den angrenzenden Stadtteilen deutlicher Widerstand. Daher beschloss die Amöneburger Stadtverordnetenversammlung Anfang Februar 2017 die Einrichtung eines Runden Tischs zur Auslotung eines Kompromisses in der Auseinandersetzung um den weiteren Windkraftanlagenbau. Dieser nahm nach kurzer Vorbereitungsphase am 14. März unter der Moderation des Bürgerforums Energieland Hessen (BFEH) seine Arbeit auf. Der Runde Tisch setzt sich zusammen aus Vertretern der Amöneburger Fraktionen, Vorsitzenden der Ausschüsse, dem Bürgermeister von Amöneburg, Vertretern der Bürgerinitiative „Es reicht“ sowie der Mardorfer Waldinteressenten und dem Projektierer juwi Energieprojekte GmbH. Da ein benachbartes Windvorranggebiet auf der Gemarkung der Stadt Homberg (Ohm) liegt, wurde auf Wunsch der Bürgerinitiative nach einer gemeinsamen Betrachtung der Flächen ab der 2. Sitzung auch die Bürgermeisterin von Homberg zum Runden Tisch eingeladen.
Zur Vorbereitung führte IFOK als Partner des BFEH mit allen benannten Mitgliedern des Runden Tischs Gespräche über ihre Einstellungen und Erwartungen durch. Die Ergebnisse flossen in die Konzeption der Sitzungen ein. Es zeigte sich dabei auch, dass auf allen Seiten eine hohe Bereitschaft zum Austausch und der dringende Wunsch nach einer Befriedung des Konfliktes bestand.
Ziel des Runden Tisches ist, beim Ausbau der Windenergie eine möglichst geringe Belastung für Mensch und Umwelt in Amöneburg zu erreichen. Schnell einigten sich die Beteiligten in der 1. Sitzung auf die Rahmenbedingungen zur Zusammenarbeit und die Inhalte der zunächst vorgesehenen drei Sitzungen. Neben einer kontinuierlichen Information über den Verhandlungsstand zwischen Waldinteressenten und dem Projektierer und dem aktuellen Stand der Planungen sollten inhaltlich folgende Themen bearbeitet werden: Gesundheit (Abstand zur Siedlungsgrenze, Lärm-Reduktion durch weitere technische Maßnahmen, Schallmessung an bestehenden und an neuen WEA), Landschaftsbild und Ökologie (Anzahl der WEA, Minimierung des Eingriffs) sowie Regionalplanung und Genehmigungsverfahren (Historie der Ausweisung der Windvorranggebiete im Teilregionalplan Energie, weitere Planungen von WEA, freiwillige Durchführung eines förmlichen UVP-Verfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung und Zusammenarbeit der Gutachter mit lokalen Experten). In der 2. und 3. Sitzung wurden alle genannten Themen intensiv bearbeitet, diskutiert und Vereinbarungen getroffen, wie zum Beispiel die Zusage des Projektierers zu einer freiwilligen Schallvermessung, der Durchführung einer freiwilligen Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) mit Öffentlichkeitsbeteiligung sowie der Einrichtung einer Projekt-Homepage für eine transparente Information.
In der 3. Sitzung legte der Projektierer einen mit den Waldinteressenten abgestimmten Kompromiss vor, bei dem er Lärmgrenzwerte zusichert, die unter den derzeit rechtlich bestehenden liegen. Damit würde sich auch die Anzahl der Anlagen reduzieren und die Abstände zur Siedlungsgrenze vergrößern. Dieser Kompromissvorschlag wird derzeit mit der Stadt verhandelt und soll bei Zustimmung in einem verbindlichen städtebaulichen Vertrag festgehalten werden.
In der 4. Sitzung des Runden Tischs am 26. Oktober 2017 hatten neue Rahmenbedingungen die Faktenlage für den Runden Tisch geändert: Da die Ausweisung eines Reinen Wohngebietes durch die Änderung des Bebauungsplans Erfurtshausen-Süd möglich ist und nach Einschätzung des Regierungspräsidiums einen etwas besseren Lärmschutz für die Anwohner bedeutet, wird der Kompromiss in Form eines vorliegenden ausgearbeiteten Städtebaulichen Vertrags von der Politik nicht weiter verfolgt. Dennoch war die Bilanz der Beteiligten am Runden Tisch positiv: Aus ihrer Sicht hat der Runde Tisch zur Versachlichung der hoch emotionalen Diskussion im Ort und zum Wiederaufbau des Vertrauens beigetragen. Die Planungen von juwi werden fortgeführt, die genannten Zugeständnisse des Projektierers gelten weiterhin und auch der Dialog soll fortgesetzt werden.
14. März 2017: Runder Tisch Windkraft in Amöneburg zeigt konstruktive Gesprächsbereitschaft aller Akteure
Ergebnisse: Presseerklärung der 1. Sitzung vom 14.03.2017
26. April 2017: Informationsaustausch im Mittelpunkt der 2. Sitzung des Runden Tischs
Ergebnisse: Presseerklärung der 2. Sitzung vom 26.04.2017
20. Juni 2017: 3. Sitzung brachte Bewegung: juwi und Waldinteressenten unterbreiten Vorschlag für einen Kompromiss
Ergebnisse: Presseerklärung der 3. Sitzung vom 20.06.2017
26.10.2017: Runder Tisch Windkraft in Amöneburg abgeschlossen – Dialog geht nach der 4. Sitzung weiter
Ergebnisse: Presseerklärung der 4. Sitzung vom 26.10.2017