Bad Salzschlirf, 20. Mai 2015. „Bad Salzschlirf ist durch den Status als Heilbad ein besonderer Ort“, machte Bürgermeister Matthias Kübel in seiner Begrüßung zum Fachgespräch Windenergie deutlich, zu dem gut 50 Teilnehmende auf Einladung der Gemeinde und des Landesprogramms Bürgerforum Energieland Hessen gekommen waren. Für das Prädikat „Heilbad“ seien die Qualität der Heilwässer sowie die „Unversehrtheit der Natur“ wesentliche Faktoren, so Kübel. Die Gemeinde und viele Bürger befürchteten, dass beides durch Windenergieanlagen gefährdet werde, weshalb sich die Gemeinde Bad Salzschlirf bereits in einer Stellungnahme gegen die geplanten Vorranggebiete aus dem Teilregionalplan Energie gewendet habe. Die Vorträge und Diskussionsbeiträge der gut dreistündigen Veranstaltung griffen diese Besonderheiten auf:
Jörg Peters von der Tourismus- und Marketing GmbH Bad Salzschlirf zeigte in seinem Vortrag anhand von Zahlen auf, welche wirtschaftliche Bedeutung Kurbetrieb und Gesundheits-Tourismus für Bad Salzschlirf haben. Der Umsatz in den Bereichen Reha, Kur & Tourismus liege im Jahr bei ca. 32 Mio. EUR und trüge damit in Bad Salzschlirf zu 28,5% des Primäreinkommens in der Gemeinde bei. Zum Vergleich: Dieser Wert liege im Durchschnitt aller hessischen Kurorte bei 8,2%. Das zeige, so Kübel und Peters, dass Bad Salzschlirf besonders empfindlich sei, wenn dieser Wirtschaftsbereich gestört oder gar weg brechen würde.
In Bezug auf die Heilquellen konnte Johann-Gerhard Fritsche vom Hessischen Landesamt für Umwelt und Geologie weitgehend Entwarnung geben. Seine fachliche Einschätzung war, dass die Vorranggebiete für Wind außerhalb der Heilquellenschutzgebiete liegen müssten. Dann sei der Schutz der Quellen auch ausreichend gewährleistet. Dies ist bei dem Vorranggebiet FD 23 vollständig der Fall. Beim Vorranggebiet FD 32 liegt derzeit ein kleiner Teil noch im Schutzgebiet. Diese Schutzgebiete sind in Hessen größer und zahlreicher bemessen als in vielen anderen Bundesländern, so Fritsche. Ausnahmen innerhalb der Schutzgebiete würde er fachlich nicht befürworten. Sollte es doch dazu kommen (was bei anderen Bauvorhaben, wie z.B. Straßenbau durchaus üblich sei), müssten Auflagen dafür sorgen, dass Gefährdungen der Heilquellen vermieden werden. Er erläuterte weiterhin, dass der Eingriff in den Untergrund durch den Bau einer Windenergieanlage die gleiche Gefährdung wie der Bau eines anderen Gebäudes vergleichbarer Größenordnung (Hauskeller, Tiefgarage oder auch Straße etc.) habe und je näher man an die Heilquellen kommt, solche Baumaßnahmen umso kritischer zu werten seien.
In der anschließenden Diskussion wurde deutlich, dass die Bürger sich trotz der Schutzgebiete Sorgen um die Heilquellen machen, besonders beim Vorranggebiet am Strangelsberg, da dieses direkt an das Schutzgebiet angrenzt.
Prof. Heinz-Dieter Quack vom Institut für Tourismus- und Regionalforschung der Hochschule Braunschweig / Wolfenbüttel hatte für seinen Vortrag Studien ausgewertet, die sich mit der Frage beschäftigen, wie sich Windenergieanlagen auf den Tourismus auswirken. Prof. Quack hielt in seinem Fazit fest, dass die Annahme, Windkraftanlagen hätten a priori negative Auswirkungen auf den Tourismus allgemein, aus tourismuswissenschaftlicher Sicht nicht haltbar sei. Allerdings waren sich Quack und die rege mit diskutierenden Teilnehmenden einig, dass für die spezifischen Fragen von Bad Salzschlirf noch genauer hingeschaut werden müsse, denn die vorhandenen Studien würden den Tourismus allgemein betrachten und nicht die besonderen Ziel- und Altersgruppen von Kurorten und Heilbädern. Und hier vermuteten die Teilnehmer das besondere Problem: Die Altersgruppe über 50 Jahre zeigt sich in den Studien als am stärksten ablehnend gegenüber Windenergieanlagen in ihren Reiseziel-Gebieten. Diese Altersgruppe komme aber vor allem nach Bad Salzschlirf und dies noch mit der Zielsetzung, dort gesundheitlich zu genesen.
Die Gemeindevertreter nahmen daher unter anderem den Vorsatz aus der Veranstaltung mit, sich für genauere Studien zum Thema Windenergie und Auswirkungen auf den Kurbetrieb einzusetzen.